Latein heute - eine lebendige Sprache der Moderne
Ob bewusst oder unbewusst: Latein prägt unseren Alltag mehr, als wir denken. Jeder, der am Computer arbeitet (lat. computare = rechnen), Datenbanken erstellt (lat. dare = geben), Texte formatiert (lat. forma) oder Dateien defragmentiert (von lat. de und fragmentum), greift auf Begriffe zurück, die ihre Wurzeln in der lateinischen Sprache haben. Selbst das Erstellen eines einfachen Textes (textus) führt uns in die Welt der alten Römer zurück.
Wer kennt nicht Harry Potter?
Die Bücher von J.K. Rowling haben mit ihren lateinischen Anspielungen und Zaubersprüchen einen regelrechten Boom im Interesse an der Altphilologie ausgelöst – der sogenannte „Potter-Effekt“. Plötzlich wählten viele Schüler im Alter von elf bis vierzehn Jahren Latein als bevorzugte Fremdsprache, oft sogar vor Französisch oder Spanisch.
Rowling selbst studierte Altphilologie an der Universität von Exeter und verlieh der Schule Hogwarts ein lateinisches Motto:
„Draco dormiens numquam titillandus“ – „Kitzle niemals einen schlafenden Drachen!“.
Auch viele Zaubersprüche in der magischen Welt von Harry Potter sind direkt aus dem Lateinischen abgeleitet. Einige Beispiele:
Expelliarmus (expellere = vertreiben, arma = Waffen): Der Entwaffnungszauber, einer der am häufigsten verwendeten Sprüche in der Serie.
Expecto patronum (exspectare = erwarten, patronus = Beschützer): „Ich erwarte einen Beschützer“ – ein mächtiger Gegenzauber gegen Dementoren.
Amnesia (meminisse = erinnern): Der Vergessenszauber.
Imperio (imperare = befehlen): Führt zur völligen Unterwerfung des Opfers.
Riddikulus (ridiculus = lächerlich): Macht unheimliche Wesen harmlos.
Selbst die schaurigen Dementoren, die den Menschen das Glück aus der Seele saugen, tragen einen lateinischen Namen. Dementor leitet sich von de (weg) und mens (Verstand) ab – ein Wesen, das den Verstand raubt.
Und wer kennt nicht Asterix und Obelix, die unbezwingbaren Gallier?
Auch Asterix und Obelix, die berühmten Gallier, lassen Latein aufleben. Wer die Comics liest, wird nicht nur bestens unterhalten, sondern entdeckt mit Lateinkenntnissen zusätzlichen Tiefgang. Viele Zitate und Anspielungen stammen aus der Antike, wie zum Beispiel:
„Timeo Danaos et dona ferentes“ – „Ich fürchte die Danaer (Griechen), auch wenn sie Geschenke bringen.“
Dieses Zitat aus Vergils Äneis erinnert an die Warnung des Laokoon vor dem trojanischen Pferd.
Und wer kennt nicht Julius Caesars berühmten Spruch:
„Veni, vidi, vici“ – „Ich kam, sah und siegte.“
Dank Asterix ist diese Redewendung heute fast jedem ein Begriff.
Latein in der modernen Werbung:
Latein begegnet uns nicht nur in Literatur und Unterhaltung, sondern auch in der Werbung. Einige bekannte Beispiele:
- ProSieben: Das „pro“ steht für „für“ – der Sender für sieben Tage Unterhaltung.
- Audi: Abgeleitet von audi („Horch!“), dem Nachnamen des Firmengründers.
- Ferrari: Vom lateinischen ferrarius („Schmied“). Die Familie Ferrari hat sich wahrlich von der Schmiede zur Luxusmarke emporgearbeitet.
Ob in der Magie von Harry Potter, im Humor von Asterix oder in den Marken, die uns täglich umgeben – Latein ist alles andere als tot. Es ist eine Sprache, die unsere Kultur und Sprache immer noch lebendig durchdringt und uns zeigt, wie zeitlos und faszinierend die Antike sein kann.