Das (un)ordentliche Zimmer – Mythos oder Wahrheit?
Ist es wirklich wahr, dass ein ordentlicher Schreibtisch oder ein aufgeräumtes Zimmer der Schlüssel zu besseren Noten ist? Ich behaupte einfach mal: Nein!
Das soll nicht heißen, dass ich gegen Ordnung bin – ganz im Gegenteil. Es gibt kaum etwas Schöneres, als wenn der Schreibtisch oder das Zimmer ordentlich und einladend aussieht. Aber ist das wirklich entscheidend für bessere Leistungen?
Ich kenne Kinder, die ihre Hausaufgaben auf dem Bauch liegend erledigen, auf dem Bett oder sogar auf dem Fußboden lernen, umgeben von einer unglaublichen Unordnung – und dennoch exzellente Noten schreiben. Andere bevorzugen ungewöhnliche Lernorte wie das Badezimmer. Ebenso gibt es Kinder, die in makellos aufgeräumten Zimmern arbeiten und trotzdem keine guten Ergebnisse erzielen. Und natürlich funktioniert es für manche genau umgekehrt.
Was ich damit sagen möchte: Es hängt weniger von Ordnung oder Unordnung ab, sondern vielmehr von der Intensität, Begeisterung und Konzentration, mit der jemand lernt. Ob jemand auf seinem Bett oder an einem perfekt organisierten Schreibtisch arbeitet – entscheidend ist, wie viel Leidenschaft und Engagement er oder sie in das Lernen steckt.
Werfen Sie doch einmal einen ehrlichen Blick auf Ihren eigenen Arbeitsplatz. Wie sieht es aus? Sind Sie jemand, der alles akribisch aufräumt? Oder reicht es Ihnen, Ihre Sachen „irgendwie“ zu finden? Vielleicht sind Sie auch ein Verfechter des sogenannten „kreativen Chaos“.
Stellen Sie sich folgende Fragen:
- Ärgern Sie sich über die Unordnung auf Ihrem Schreibtisch, oder inspiriert Sie das Chaos?
- Lieben Sie klare Strukturen und aufgeräumte Flächen, oder genießen Sie es, von Stapeln und Notizzetteln umgeben zu sein?
- Glauben Sie an Sprichwörter wie „Ordnung ist das halbe Leben“ oder eher „Wer Ordnung hält, ist zu faul zum Suchen“?
Egal, welche Haltung Sie zur Ordnung haben, es gibt kein „richtig“ oder „falsch“. Jeder Mensch funktioniert anders, und das ist völlig in Ordnung – im wahrsten Sinne des Wortes!
Wo kommt sie denn her, die Ordnung?
Die Frage, woher Ordnung eigentlich kommt, beschäftigt Wissenschaftler bis heute. Denn dort, wo Ordnung entsteht, folgt unweigerlich auch wieder Chaos. Ein alltägliches Beispiel: Sie räumen die Küche auf, die Spülmaschine ist eingeräumt – und kaum hat jemand die nächste Tasse abgestellt, ist die Unordnung wieder da.
Laut Wikipedia beschreibt Chaos (griechisch: cháos) einen Zustand vollständiger Unordnung oder Verwirrung. Der Gegenbegriff ist Kosmos – ein Begriff, der nicht nur „Ordnung“ bedeutet, sondern im Griechischen auch für „Welt“, „Schmuck“ und „Anstand“ steht.
Die alten Griechen glaubten, dass am Anfang nur das Chaos herrschte. Sie verstanden darunter den unermesslichen, leeren Weltraum, die "gähnende" Leere und in diese strukurlose, "chaotische" Leere galt es Ordnung zu bringen. Denn nur, wenn etwas nach bestimmten Regeln abläuft, kann es auch funktionieren. Das gilt im kleinen wie für den gesamten Kosmos. So wird verständlich, warum die Griechen für "Ordnung" und "Welt" und übrigens auch für "Schmuck" ein und dasselbe Wort verwendeten.
Die alten Griechen waren sehr gebildet und wussten wovon sie sprachen. Aber ich glaube nicht, dass sie sich mit Schreibtischen oder Arbeitsplätzen herumschlagen mussten. Sokrates, wie wir wissen, hat nie etwas aufgeschrieben. Wer weiß, wie sein Schreibtisch ausgesehen hätte?!?
Am Ende ist es wichtig, dass jeder für sich den passenden Weg findet. Der eine liebt klare Strukturen, weil er sich so besser konzentrieren kann. Der andere fühlt sich im „kreativen Chaos“ pudelwohl und blüht erst richtig auf. Und dann gibt es diejenigen, die Ästhetik und Schönheit lieben und ihren Arbeitsplatz wie ein kleines Kunstwerk gestalten.
Ganz gleich, wie es bei Ihnen oder Ihren Kindern aussieht: Alles hat seine Ordnung – selbst das Chaos.
UK